![]() |
Chill doch einfach mal: Die vielgerühmte "Liberalitas Bavariae" darf gerne in allen Bereichen gelten. ©Marcolatur | |
München - Die CSU – ihrer Wahrnehmung nach das bayerische Bollwerk für die Freiheit und der Eigenverantwortung – führt seit Monaten einen verzweifelten Kampf gegen den Dampf.
Ministerpräsident Markus Söder (57, CSU), einst Befürworter der Cannabis-Legalisierung, möchte heute natürlich nichts mehr von seinem – nicht ersten – Bedarfswandel wissen und behauptet inzwischen, dass er sich versprochen hätte. Bei einer Aussage, die er von sich aus ohne Aufforderung äußerte. Wer kennt's nicht?
Achtung: Wer am 1. April mit dem Tütchen vor der Polizei wedelt und ein paar besonders ehrgeizige Beamte/Staatsanwälte damit auf den Plan ruft, könnte als Zeuge (nach Anzeige gegen Unbekannt) in die Mangel genommen werden. Weil: wo habt ihr das so schnell her? Lieber nicht provozieren, sondern ganz entspannt einfach dem Gesetz Zeit geben. Sonst liefert man nur "Schwarzmarkt blüht"-Argumente für die Gegner.
Nachdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (68, SPD) am 28. März das Gesetz unterzeichnet hat, wird es am 1. April in Kraft treten. Und schon schlagen konservative Politik und Polizei noch mehr Alarm.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (67, CSU) und der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Florian Leitner (43) kritisieren, dass es für die Polizei kaum möglich sei, die 100 Meter weiten Abstände zu Schulen, Kindergärten und Spielplätzen in Sichtweite zu kontrollieren.
Abstände messen wohl nur bei fahrenden Autos möglich
"Unsere Kolleginnen und Kollegen können schlecht mit einem Metermaß um die Schule laufen, um zu messen, wer sich noch in der Sperrzone befindet und wer nicht. Wir haben es hier mit völlig sinnfreien Regelungen zu tun, weshalb dieses unfertige Gesetz eine Zumutung für Polizei und Bevölkerung darstellt", wird Leitner in einer dpa-Meldung zitiert.
Die Polizei ist offenbar lediglich in der Lage, bei fahrenden Autos auf der Autobahn die Distanz zu bestimmen. Kann man nix machen, da müsst ihr wohl den Zollstock einstecken. Oder schaut mal auf Amazon auf entsprechende Mess-Laser. Nur so als Tipp für dieses unüberwindbare Hindernis.
Und wenn alle Stricke reißen, gibt es auch noch die Abmessungen auf bubatzkarte.de, wo man sehr schnell einen ganz guten Überblick bekommen kann.
Wer streng kontrollieren will, muss auch bereit sein
Man möge mir meinen Zynismus verzeihen, aber man bekommt schon den Eindruck, dass man es das ganze Jahr über geil findet – Grüße ans Polizeiaufgabengesetz – so viele Bemächtigungen zu erhalten ... bis es mit Arbeit verbunden ist.
Es ist nicht die Schuld der Cannabis-Konsumenten, dass Söder mit aller Macht (s)einen Kleinkrieg gegen die Hanf-Raucher aus zwanghafter Ideologie heraus auf die Schultern der Beamten lastet.
Aber es steht in der Macht der Ordnungshüter, fanatisch darauf zu achten, wirklich jede Chance auf eine Verschönerung seiner Wunsch-Statistik auszuschlachten oder zu sagen: "Lassen wir mal Fünfe grade sein, dann haben alle weniger Stress. Auch die Bürger."
Denn, korrigiert mich, wenn ich falsch liege, ist es ja in erster Linie euer Job, diese zu beschützen und nicht bis auf die letzte Option unter Generalverdacht zu stellen und krampfhaft Beweise zu suchen, ob er sich um drei Schritte verschätzt haben könnte.
Ob es eine "Zumutung für die Bevölkerung" wird, hat zu einem Großteil natürlich wer in der Hand? Genau. Ihr. Und ja, mal abgesehen von den Spinnern, die jetzt mit aller Gewalt provozieren müssen und meinen, direkt an der Grenze stehen zu müssen: der Frust – möge er noch so kindisch sein – wurde in der Vergangenheit ja auch aufgeladen.
Versteht mich nicht falsch. Die Polizei ist eine absolut notwendige und für eine Gesellschaft lebenswichtige Institution. Und meiner Erfahrung nach gibt es da durchaus Idioten – die sind jedoch nicht die Regel, wenn man es nicht provoziert. (Okay, Disclaimer: weißer Hetero-Cis-Mann. Meine Erfahrung muss nicht der Standard für alle sein.)
Und ja, Cannabis ist – trotz aller Annehmlichkeiten – kein Brokkoli, wie eine ehemalige Bier-Botschafterin einst zu sagen pflegte. Wir C-User sollten schon mit der Einstellung an die Sache herangehen, es klüger, besser und verantwortungsvoller Anzugehen, als die Alk-Fraktion.
Macht euch locker – und provoziert nicht gegenseitig
Anfangs werden natürlich die Szenarien des öffentlichen Durchziehens nach oben schießen, wenn man nach Jahrzehnten endlich offiziell darf und nicht mehr mit dem Achter am Handgelenk rechnen muss.
Aber auch das wird sich normalisieren. Ganz sicher. Und dann wird die CSU vielleicht auch irgendwann kapieren, dass drei Pflanzen zu besitzen, nicht bedeutet, dass alle drei im gleichen Stadium sein müssen.
Und 50 Gramm besitzen zu dürfen heißt auch nicht, dass man diese auch verballern will. Es sind endlose Liter Alkohol jeden Tag für jeden erlaubt – und trinken wir alle jeden Tag 50 Liter Whiskey? Na, also.
Vielleicht sollten sich alle Seiten mal wieder aufs Wesentliche konzentrieren. Den Kampf gegen die Judäische Volksfront. Und nicht auf die doppelmoralische Selbstinszenierung einer Gruppierung, die Panikpickel bei dem Wort "Kiffer|innen" bekommt und jetzt plötzlich anfängt, Kinderspielplätze aus den Böden sprießen zu lassen.
Und lasst das Auto stehen, wenn ihr was geraucht habt. Seid schlauer, als die Oktoberfest-Promis.